Portsmouth – Rouen

12.10.19 Um Mitternacht in Portsmouth fand ich das Boot kaum: im Dunkeln war von den rund 100 Booten gar nichts zu sehen und ich konnte mich nicht mehr an den langen Steg erinnern. Zum Glück war im Hafen ein Fest, so dass ich mich nach dem Steg erkundigen konnte und den Herbert tatsächlich im Boot vorfand. Bei einem Glas Wein und einer Kerze – wir hatten keine Ahnung, wo man Licht machen konnte, stellten wir uns gegenseitig vor und legten uns am

13.10.19, 2h, zur Ruhe. Bald kam unser Nachbar eines 13x7m Kats – Martin – sich vorstellen: ein Engländer  und Handwerker der feinen Art. Mittags erschien auch Julie, die Verkäuferin und erklärte uns alles, was sie wusste. Ich sah ihr an, wieviel Herzblut sie und ihr verstorbener Paul ins Boot investiert hatten und versprach ihr, über das neue Leben des Bootes zu berichten. Während den nächsten Tagen versuchten wir vergeblich, mit Hilfe verschiedenster Menschen, die Motoren in Gang zu setzen. So beschloss ich, die Diesels durch E-Motoren zu ersetzen und Batterien in China zu bestellen. Das braucht Zeit…

18.11.19 wieder auf der Déjà Vu werde ich bald nach Port Solent Marina geschleppt, wo ich am nächsten Tag an Land gehievt wurde. Schon bald kam wie geplant Rob und in 3 Stunden waren die Diesels ausgebaut, ich bekam sogar £ 400 dafür. Leider erwarteten mich noch keine Batterien. 

28.11.2019 Seit 10 Tagen bin ich schon hier – an Arbeit hat es nicht gefehlt: Motorenräume reinigen und von allen nicht mehr benötigten Kabeln befreien,lwPlätze für Batterien vorbereiten, Durchbruch Dusche/Motorraum (wird zu Doppelkoje), Unterwasserschiff abschleifen und Antifouling aufbringen. Alle 12V Anschlüsse kontrollieren, und immer wieder aufräumen, putzen. Eigentlich könnten wir losfahren, wenn nur die Motorenhalterungen und Batterien da wären.

29.11.19 Nachdem wir hörten, dass das Boot erst am Montag gewassert werden kann,  entschloss sich Herbert ziemlich verärgert, wieder nach Hause zu fahren. Er kam ja hierher um mit mir über den Kanal zu segeln. Für mich war das Warten eher eine gute Gelegenheit, um viele Arbeiten zu erledigen, die ich erst später anzugehen gedachte.

12.12.19 Endlich habe ich 12 von 13 Paketen mit Akkus erhalten – seit  3 Wochen renne ich und Rob den Dingern nach – das letzte Paket werde ich wohl vergessen müssen. Ich habe die Zeit nicht nutzlos verbracht: bis ich die Batterien hatte, ist Motor und Propellerwelle mit neuen Lagern und Dichtungen fertig montiert, das 12V System läuft wieder, die 3. Kabine ist auch weit fortgeschritten. Dann kam der grosse Augenblick, nachdem ich die ersten 32 Akkuzellen verdrahtet hatte: Schalter EIN, Poti hochfahren….. Motor dreht, inkl. Propeller, Zahnriemen läuft auch schön, maximale Leistung: 3kW. Nur Vor-/Rückwärts sind verkehrt – uff!

13.12.19 – Dasselbe auf Steuerbord, auch hier läuft es auf Anhieb, ein echter Glückstag. Abends trifft Janos ein – trotz Streiks in Frankreich, es kann los gehen16.12.19 – Wieder kein Paket. Da sich heute ein für die Jahreszeit günstiges, nicht stürmisches Wetterfenster auftat, hissten wir die Segel und fuhren von Portsmouth los in die See hinaus. Erst konnten wir uns an den zahlreichen Leuchtbojen orientieren, später fuhren wir an vielen beleuchteten, ankernden Frachtern vorbei, die auf der Karte natürlich nicht eingezeichnet sind. Nach einer Stunde rief Janos, der steuerte: hey, da ist schon wieder die Brittany Ferry: tatsächlich hat er (ungewollt) die Orientierung verloren und wir haben quasi eine Ehrenrunde hingelegt.

17.12.19 – Wir mussten wegen den Windverhältnissen einen ziemlichen Umweg einplanen, statt 90 waren es 150 Seemeilen, plus Ehrenrunde. Die Winde waren zwar moderat, dafür aber wurden wir von den Kreuzwellen ziemlich durchgeschüttelt. Bald fühlte sich Janos total seekrank, womit ich eben vorwiegend am Steuer stand. Es zeigte sich bald, dass das Boot deutlich besser lief, wenn die Motoren ständig mit etwa 100W die Segel unterstützten: so wurde der Widerstand im Wasser verringert und das Boot liess sich auch bei leichten Winden problemlos steuern. Dann der Ruf von Janos, der trotz seiner Übelkeit steuerte, um mir eine Pause zu gönnen: ein Motor ist ausgefallen. Da wir nahe an einem Fischerboot vorüber fuhren, dachte ich, dass wir sein Netz erwischt haben. Ich schaute nach und fand den Zahnriemen in der Bilge. Die Propellerwelle liess sich nicht mehr drehen. Das Boot lief deutlich schlechter und das komfortable Manövrieren war vorbei… trotzdem konnten wir unsere geplante Route weiterverfolgen und um 23h lag die Hafeneinfahrt noch 5sm vor uns: nach anstrengenden 24h Wache war ich todmüde, legte mich dösend auf das Sofa und erwartete von Janos den Ruf, dass wir angekommen sind. Stattdessen aber rief er nach 2 Stunden, dass er die Einfahrt nicht schaffe und vor uns ragte eine schwarze Felswand aus dem Wasser… Meine Freude auf Ruhen war somit vorbei, ich wendete das Boot sofort zurück auf die See und wollte gegen den Wind aufkreuzen, um die verlorene Höhe zur Hafeneinfahrt wieder gutzumachen. Nach 4 Stunden vergeblichem Bemühen, musste ich aufgeben: ich war zu unkonzentriert, in der Nacht sah man kaum, wie die Segel standen, ein Boot, das ich noch nie segelte, ein unbrauchbarer Motor: im Morgengrauen rief ich den Rettungsdienst vom Hafen an, diese waren in 10 Minuten bei uns inklusive Gendarmerie und genau bei Sonnenaufgang waren wir am sicheren Landesteg festgemacht. Der Kapitän des Rettungsbootes sah sogleich, dass eine unserer Festmacherleinen sich um den Propeller gewickelt hat: das war die Ursache für den Motorausfall. Wenig später kam Patrick der Meistertaucher und brauchte kaum eine Minute, schon war die Sache in Ordnung. Wiedermal hat sich gezeigt, dass eine kleinste Nachlässigkeit böse Folgen haben könnte.


Ich bin überrascht, wie leicht sich das Boot (vor allem mit den Motoren) steuern lässt und auch wie gut es läuft, sogar ohne richtigen Segeltrimm, kurz: ich meine, einen guten Kauf getätigt zu haben, meine etwas gewagte Investition und all die Arbeit, die ich in den Umbau steckte, hat sich gelohnt. 
 
 21.12.19 Mit den Gezeiten lässt sich nicht spassen: man muss genau den richtigen Zeitpunkt abpassen, um die Flut voll auszunutzen, sonst hat man keine Chance, mit einem langsamen Boot den Fluss raufzukommen und es gibt nur eine Landestelle, wo Sportboote anlegen können. Wir wollten diese auf keinen Fall verpassen und fuhren frühzeitig los. Bald merkten wir, dass wir zu früh waren, mit der Ebbe brauste die Seine mit fast derselben Geschwindigkeit, die unser Boot maximal schafft, in den Atlantik. Wir steuerten die nächste Leuchtboje an, wo wir die Déjà. Vu festbanden und warteten rund eine Stunde, bis die Strömung nachliess. Da rief Janos plötzlich aus dem WC: der Rumpf ist voller Wasser! Wir befürchteten schon, dass eine leichte Grundberührung die Ursache war und begannen zu pumpen und zu schöpfen. Bald stellte sich aber heraus, dass die Ursache nur ein leckender Wasserschlauch des Waschbeckens war und genau in diesem Augenblick das Wasser aus der Inspektionsluke im Boden drückte! Nach einer Stunde des Wartens legten wir dann los, als auch einige weitere Boote an uns vorbei fuhren. Bald schon passierten wir Europas längste Schrägseilbrücke, die Pont de Normandie, und fuhren erst langsam, dann immer schneller mit der steigenden Flut die Seine hinauf. Wolken und Regen liessen es schnell dunkel werden, wir fuhren zwischen grossen Seefrachtern in die Nacht hinaus und zählten die Leuchtbojen. Dank dem Navi wussten wir immer, wo wir uns befanden und kamen letztlich mit leeren Akkus in Caudebec-en-Caux an. Wir hätten keinen weiteren Kilometer geschafft Und wie gesagt: es gibt keinen anderen Landesteg, der für Kleinboote geeignet ist, als dieser…

22.12.19 Wie mir schon der kürzlich verstorbene Martin Vosseler nach seiner Solarbootreise von Basel nach New York bestätigte, dass der Rhein nach Rotterdam der wohl gefährlichste Abschnitt der ganzen Reise war – ich hatte ihn damals auf diesem Abschnitt als Bootsführer begleitet – machte ich mir letzte Nacht Gedanken, wie die Reise nun weitergehen soll.

Hauptgrund für die gefährliche Situation war, dass die Akkukapazität zu gering war. Ich habe 40kWh bestellt und vermeintlich eingebaut. Aber nach 21kWh Verbrauch waren sie leer. Das kam nicht ganz überraschend: ich erwartete nämlich eine Lieferung von knapp 400kg, doch wogen die 13 Pakete nur 210kg. Laut Auftragsbestätigung hätte eine Zelle 4kg wiegen müssen, effektiv wog sie aber nur 3.2kg. Ich machte den Lieferanten auf dieses Missverhältnis aufmerksam, dieser beruhigte mich aber damit, dass dies dem technischen Fortschritt zu verdanken sei. Darüber freute ich mich natürlich. Nach dem ersten Laden stellte ich fest, dass ich nur etwa 20kWh laden konnte, was ich einer entsprechenden Vorladung zuschrieb. Nach dem gestrigen Tag gab es aber keine Zweifel mehr, dass die verfügbare Energie nur etwas mehr als die Hälfte betrug. So muss ich nun herausfinden, ob der Lieferant die falschen Zellen geliefert hat, oder ich einem Betrüger aufgesessen bin.

Dies bedeutet, dass eine Vollladung statt der erhofften 150km bei 8km/h nur 80km weit reicht, wir somit deutlich langsamer vorankommen werden. Ob der Lieferant die fehlende Kapazität nachliefern wird, steht in den Sternen.

So werden wir nun eben viel langsamer wie erhofft bis Dijon weiterfahren, das nur 200km von meinem Wohnort St Brais entfernt liegt. Bis dahin werde ich dann hoffentlich wissen, wann die Reise weitergehen kann, welche Zusatzkosten noch auf mich zukommen, mein Budget ist schon jetzt ziemlich ausgeschöpft. Ich rechne mit wenigstens einem Monat Verspätung. Die rund 20 Reservierungen für den Fährdienst Mersin-Akko für den Februar muss ich absagen, was ich sehr bedaure. Dafür fühle ich mich nun aber weit weniger gestresst. Auch die Aussicht, erst im Spätwinter das Mittelmeer zu durchqueren, stimmt mich positiv.

23.12.19 Um 6h morgens fahren wir in die Nacht hinaus und kommen problemlos mit der Flut in Rouen an, wo ich den Anlegesteg wieder finde, an der ich schon vor 20 Jahren mit drei meiner Solarboote nach der Durchquerung Frankreichs anlegte.

Rouen -Sens

Da Janos eben vom Tod seines Göttis und Onkels erfuhr, beschlossen wir, für eine Woche in die Schweiz zurückzufahren. Nach 5 ziemlich anstrengenden Wochen in der feucht/kalt/windigen Umgebung freue ich mich, wieder mal ein paar Tage mit Giannina und Sangra in meinem Paradiesli zu verbringen.

26.12.2019 Sangra war schon ziemlich schwach, als ich gestern nach Hause kam.Gegen 22hsagte ich ihr, sie solle dorthin gehen, wo sie sich am besten fühlt, ging meine Zähne putzen und bevor ich damit fertig war ruft Giannina, Sangra atme nicht mehr. So ist sie gestorben, wie sie lebte: unkompliziert. So wird auch mein Fähriprojekt etwas unkomplizierter.

1.1.2020 Mit Giannina zurück in Rouen, studieren wir die Gezeiten und fahren dann am

3.1.2020 um 3h los. Die Déjà Vu liegt auf der Innenseite des schwimmenden Stegs, wir müssen rückwärts an einem hinter uns liegenden Boot vorbei. Wissend, dass das Wasser seicht ist, fahre ich vorsichtig…. und schon berühren wir den Grund. Zurück an unserem Liegeplatz, warten wir eine halbe Stunde undschon ist das Wasser um 50cm gestiegen: nun klappts und wir fahren -erst 4 Stunden im Dunkeln -problemlos die Seine hinauf zur Schleuse von Poses. Nun müssen wir uns nicht mehr um Gezeiten kümmern. Dann dauerte es weitere 4 Stunden, bis wir einen Stromanschluss fanden. Diesen fanden wir aber nur mit Mithilfe vieler Menschen: erst bekam ich von einem Mann nahe unserer Anlegestelle eine Beschreibung eines Platzes mit Steckdose. Als wir diesen gefunden haben, war sie ohne Strom. Anruf bei der Mairie: sie wisse nichts, wolle aber einen sachkundigen Menschen auftreiben. Wir erkunden das Ufer zu Fuss und finden einen weiteren Platz mit Steckdosen, die aber nur mit Jetons funktioniert, die im jetzt geschlossenen Tourismusbüro zu haben sind. Da ruft mich der Maire an, ich erkläre ihm die Situation und er sagt mir, dass sein Freund Herbert Baume im Haus vor dem Steg mir sicher helfen könne. Dieser erlaubt uns, unser Kabel bei ihm einzustecken. So lernen wir in kurzer Zeit viele hilfsbereite Menschen kennen -dies scheint mir mehr und mehr der Hauptzweck meiner Reise zu sein -und wir fühlten uns echt wohl in diesem Dorf.

4.1. Morgens liegt etwas Reif auf der Deja Vu, es ist klar und wir fahrenum 9hkurz vor Sonnenaufgang los. Gestern konnte ich endlich mal die Leistungsdaten der Déjà Vu genau ermitteln:1kW-6km/h, 2kW-8km/h, 4kW-10km/h. Mit optimierten Propellern kann die Effizienz noch um etwa 20% verbessert und mit 12kW 14km/h erreicht werden, was für dieses Boot ganz hübsch ist.Bei Sonnenuntergang passieren wir die Schleuse von Garennes und steuern bereits im Dunkeln unsere auf der Flusskarte eingezeichnete Steckdose an: leider nicht mehr vorhanden. Zum Glück haben wir genügend Reserven, um weitere 2 Stunden durch die Nacht zu fahren, um den Segelclub von Vernon zu finden, wo zufällig noch ein einsamer Mann auf dem Steg uns beim Festmachen hilft und uns gleich noch das Stromkabel anschliesst….Landschaftlich ist die Seine ein wunderschöner Fluss mit vielen Inseln, wo wir Biber und Ziegen sich im urwaldartigen Unterholz tummeln sahen, nachts hört man überall Nachtigallen und Käuze. Wir beschliessen, morgen hier zu verbringen: es gibt auf der Déjà Vu noch immer was zu verbessern.

6.1.2020 Nach einer kalten Nacht -der E-Heizer ist auch noch ausgefallen -kratzen wir den Raureif von den Fenstern und fahren bei klarem Wetter in die Morgendämmerung hinaus.Es ist beruhigend, das Schnurren der E-Motoren zu hören, die bisher anstandslos ihren Dienst versehen. Die 20kWh Akkus erlauben mir, 10h mit 8km/h zu fahren, wobei die Strömung von 3 km/h am Ufer entlang abzuziehen ist. In der Flussmitte sind es meist 5km/h. Damit kommen wir also mit 40-50km/Tag voran.Nach einem herrlich klaren Sonnenaufgang kommt Nebel auf und wir sehen während 2h kaum 20m weit. So halten wir uns schön am Ufer, uns oft nur auf das Navi verlassend. Aber schliesslich kommt alles gut, die Sonne setzt sich durch, wir lüften unser Bettzeug und erreichen wie vorgesehen um 16h einen Liegeplatz mit Steckdose in Mantes-la-Jolie.

7.1.2020 Heute erreichen wir Andresy. Ein wunderbarer, neuer Steg erwartete uns hier und von weitem sahen wir viele Steckdosen -leider war keine in Betrieb. Zum Glück war das Office de Tourisme nahe und eben kurz vor 17h noch offen. Giannina ging sofort hin, wurde aber abgewimmelt. So versuchte auch ich mein Glück, doch inzwischen war das Büro geschlossen und die Angestellte weigerte sich, mich zu sprechen, obwohl sie noch im Büro war. Was nun? Da tauchte eine Frau mit einem E-Fahrrad neben mir auf, ich sprach sie an und sie wusste, dass nur 50m vom Boot entfernt eine Ladesäule für E-Autos stehe. Sie zeigte sie mir, aber ohne Badge war nichts zu machen. In diesem Augenblick fuhr eine Zoe zum Laden heran. Der Mann verstand mein Problem sofort, ärgerte sich kurz über den Amtsschimmel seines Dorfes, scloss mit seiner Badge mein Kabel an und sagte, er würde die verschlossene Steckdose am nächsten Morgen mit seiner Badge wiederöffnen.

8.1.20 So war es denn auch und der liebe Mann wollte uns nicht mal was bezahlen lassen, als er unser Kabel befreite. Das sind doch schöne Geschichten: Bürger, die sich für Fremde einsetzen und ein Touristenbüro, das den Fremden die Türe vor der Nase zuschlägt. Anschliessend kommen wir gut voran und erreichen Clichy, wo alles voll von Booten ist, aber kein freier Liegeplatz. Da es schon wieder dunkelt, gehen wir längsseits an eine kleine Peniche, und bevor Giannina uns festbinden kann erscheint ein Mann, übernimmt das Seil und schon sind wir festgebunden. Er geht mit uns ins Büro, wo wir hören, dass keine Liegeplätze frei wären…. immerhin erlaubt er uns, neben der Péniche liegen zu dürfen, falls diese das akzeptiere. Jim, ein Mann aus Georgia in meinem Alter, willigt sofort ein, versorgt uns mit Strom und Zugang zur Douche. Er hat dieses Boot als Wohnung für seine Tochter erstanden, die an einem Kunstprojekt in Paris teilnimmt und will dann später -er hat noch gar keine Ahnung vom Bootsfahren -damit Europa entdecken. Auch er will von Bezahlung nichts wissen: es mache ihm Freude, mir behilflich sein zu können, das sei unbezahlbar.

10.1.20 Es ist schwierig, in Paris einen Liegeplatz zu finden: ich erinnere mich, vor 20 Jahren den Canal St Denis/St Martin befahren zu haben und landete so im Port d’Arsenal. Der Canal St Denis führt hinter dem imposanten Stade de France vorbei. Seine Ufer wirken ziemlich trostlos und sind von vielen Kleinstzelten von Obdachlosen bevölkert, die sich um Feuerchen aus Abfall warmhalten…. dann gelangen wir ins Bassin de la Villette und den Canal St Martin, der ein hübsches Quartier durchquert und nach einem langen Tunnel im Port d’Arsenal endet: ich wollte hier reservieren, doch hat man mir gesagt, dass mein Boot zu breit wäre, also keinen Platz habe….. als ich nun einfach neben einer bewohnten Péniche festmachte -wiederum Amerikaner -wurde ich selbst vom Hafenmeister freundlich empfangen.

11.1.20 Wieder auf der Seine, fuhr ich wegen der günstigen Strömung durch ein Fahrverbot und wurde gleich von der Gendarmerie angehalten. Giannina, die sich bereits auf dem Weg zum Bahnhof befand, sah das von weitem und kehrte zurück. Die Gendarmen liessen mich springen, nachdem ich ihnen die Gründe für mein energiesparendes Fahren schilderte und Giannina beschloss, mich weiter zu begleiten. Abends fanden wir eine Liegestelle hinter einem Schlauchboot der Feuerwehr…..

12.1.20 …. das uns am nächsten Morgen zu Hilfe kam, da ich beim Abkürzen im seichten Wasser auf einen Baumstamm unter Wasser auflief. Mit vereinten Kräften schafften wir es, wieder freizukommen. Die Dienstleistung kostete nicht mal was, die Männer waren einfach glücklich, uns helfen zu können. Am Nachmittag standen wir vor einer streikenden Schleuse, fanden aberein Wohnboot, deren Besitzerin Florence uns bereitwillig eine Steckdose anbot. In Corbeil-Essonnes verliess mich Giannina und ich fuhr allein weiter. Am vorgesehenen Halte Nautique wurde ich schon von weitem angebellt: Anlegen verboten: ein schöner Steg mit Steckdosen wurde mir von 2 Bootsbesitzern verweigert, da er privat sei. So fuhr ich in die Nacht hinaus und fand bald eine Péniche, deren Besitzer Philipp und Christine mir Strom zu Verfügung stellten. Sie sind mit heliodive befreundet, die E-Katamarane konzipieren.

13.1.20 Nun habe ich die Seine geschafft: auch wenn sie ziemlich viel Wasser führte, kam die Déjà Vu gut voran, trotz der geringen Batteriekapazität. Ich biege in die Yonne ein und lege vor einem Haus mit Licht an, das mir wiederum bereitwillig Strom zur Verfügung stellt.

14.1.20 Bei der Schleuse vor Sens sagt man mir, dass die vierte Schleuse nach Sens morgen nur um 16h passiert werden kann. So fahre ich in Sens gemäss meiner 25 Jahre alten Karte in den linken Arm der Yonne ein,fahre unter einer Brücke durch, wo ein Mann aufgeregt auf holländisch -die Déjà

 Sens -Langres

20.1.20 Tatsächlich erscheint heute ein VNF-Mann. Er hört sich meine Geschichte verständnisvoll an. Doch anschliessend bittet er mich, Formulare auszufüllen, Kopien aller Art zu beschaffen, um die Déjà Vu offiziell und legal für 10 Wochen stationieren zu können. Eine andere Lösung fällt auch ihm nicht ein. So versuche ich eben selbst, einen anderen Weg zu finden. Man kann nämlich auch über die Marne und den Champagne-Bourgogne Kanal in den Süden gelangen. So schreibe ich eine email an den VNF Chaumont und schon am

21.1.20 erhalte ich die Bestätigung, dass das möglich ist, auch für Sportboote. Auch ihm war nicht bekannt, dass im Winter nur Lastkähne fahren dürfen…. So fahre ich am

22.1.20 wieder die Yonne hinunter. Die Schleusenwärter kennen mich indessen und mein Problem und halten mit Kritik an ihren Vorgesetzten nicht zurück. Die aktuelle Situation ist in Frankreich ziemlich angespannt (Gelbwesten, Streiks gegen die Rentenreform). Ein VNF Mann erklärte mir gar, er werde meine Geschichte morgen an einer Krisensitzung auf den Tisch legen. Ich nehme alles ziemlich gelassen hin: ich werde wohl noch lernen müssen, zu sehr an Plänen zu verhaften. Mein Motto lautet seit langem:”Was Du selber tun kannst, musst Du tun, über das, was Du nicht ändern kannst, rege Dich nicht auf und geniesse und staune, was da vielleicht unerwartet auf Dich zukommt.”Der Abstecher über Seine und Yonne nach Sens war letztlich wirklich eine schöne Angelegenheit und ich machte viele überraschende Erfahrungen, die ich nicht missen möchte. Erfahrungen sind letztlich das, was wir nach meiner Überzeugung über den Tod hinaus behalten werden. Abends erreiche ich St Mammès und finde nach einigen Anläufen im Dunkeln einen Steg mit vielen Steckdosen -leider ohne Strom. Da stromabwärts merklich weniger Energie verbraucht wird, sind die Batterien noch halbvoll und so erreiche ich am

23.1.20 problemlos Corbeil-Essonnes. Kurz nach Sonnenuntergang nähere ich mich einer stationierten Peniche, sehe durch ein Bullauge eine an der Nähmaschine sitzende Frau, die mich erst nach lautem Hallorufen und Klopfen überrascht wahrnimmt, mir sofort beim Anlegen hilft und ohne langes Überlegen eine Steckdose anbietet. Für mich jedesmal erstaunlich und erfreulich, wie sich wildfremde Privatleute selbstverständlich so hilfsbereit einem Fremden gegenüber verhalten.

24.1.20 So komme ich also nach einem Umweg von 300km wieder nach Paris zurück und biege gleich in die Marne ein, von der ich leider keine Flusskarte besitze. So erkundige ich mich bei den Schleusenwärtern jedesmal über den VHF Kanal der nächsten Schleuse und lasse mich dann überraschen, wo ich lande. Gerade die ersten Kilometer auf der Marne sind ziemlich verwirrend, mit einem Tunnel und Abzweigungen…. ziemlich überraschend finde ich in Nogent eine Marina mit offener Capitainerie, die mir die notwendigen Karten liefert -uff! So kann ich nun meine Etappen wieder einigermassen planen.

25.1.20 Nach einer kalten Nacht an einem einsamen Steg in einem Seitenkanal der Marne will es einfach nicht Tag werden: dichter Nebel liegt über dem Wasser. Die nächste Schleuse ist nur 500m entfernt, so melde ich mich per Funk so um 10h an, lege die Leinen los und fahre vorsichtig los…. und schon verwandeln sich die Geister, die ich überall sehe, in den Bug eines Lastkahns, der ebenso vorsichtig entgegen kommt. Wahrscheinlich hatte er mich auf seinem Radar, denn er konnte selber kaum seinen eigenen Bug sehen. Wieder auf der Marne, wurde ich bald von vielen Sportruderbooten überholt: ich merkte, dass dieser abwechslungsreiche, schöne Fluss hinter den naturnahen Ufern total verbaut und von vielen Menschen bevölkert ist, die eben den freien Samstag nutzen, um zu joggen oder zu rudern. Bei den nächsten zwei Schleusen traf ich gleich zwei Schleusenwärter an, die wissen wollten, was es mit der Déjà Vu auf sich hat: Janan und Jeremy. Dank der professionellen Französischübersetzung meiner Notizen von meinem Freund Jean aus Strassburg konnte ich sie umgehend per email detailliert unterrichten: danke, Jean! Abends finde ich in Meaux eine Liegestelle vor dem Cercle Nautique mit vielen Steckdosen, die sogar in Betrieb waren.

26.1.20 Heute hätte ich eigentlich auf der Saône sein sollen. Stattdessen lasse ich Meaux hinter mir und folge den Mäandern der Marne. Den ganzen Tag treffe ich kein Boot an, ausser natürlich ein paar Fischerbooten.Diese scheinen die Jahreszeiten zu ignorieren: einige zelten sogar. Mein Flussführer zeigt einen Halte Municipale mit Steckdose…. und es stimmt: so langsam werden meine Vorstellungen und die Wirklichkeit identisch.

27.1.20 Zu früh gejubelt: Als ich heute früh das Laden kontrollierte, grosses Staunen: das Gerät ladet nur mit 40%. Also 2. Ladegerät getestet: gleiches Resultat, an den Ladern kann es also nicht liegen. So messe ich die Netzspannung: 198 statt 230V, diese Unterspannung muss die Ursache sein. Bei Regen und viel Wind fahre ich weiter: die Schleusen sind nun automatisch, ich habe ein Funkgerät erhalten, mit dem sie bedient werden können. Als ich an meinem heutigen Ziel ankomme, wo laut Flussführer der Schlüssel für die Steckdose im Bahnhof erhältlich sei, liegt der Stromkasten völlig zerstört am Boden, also nichts wie los weiter bis Chateau Thierry, wo es eine 100m lange Anlegestelle mit Steckdosen gibt…… alle ausser Betrieb. Etwas weiter weg finde ich eine Peniche, aber ohne Besatzung. Ich sehe aber ein Kabel, dem ich im Dunkeln etwa 100m folge und mich zu einem Verteilerkasten führt, an dem sich eine Steckdose mit VOLLER Spannung befindet! Ich wundere mich, wieviele Wirklichkeiten es gibt.

29.1.20 Letzte Nacht konnte ich nicht laden -der mit Steckdosen ausgestattete Steg war total verlassen und die Jetons, die zum Einschalten notwendig gewesen wären, waren nur im Casino-Laden erhältlich, der wegen Ferien gerade geschlossen war. Ich dachte, dass ich die 30km bis Chalons schon noch schaffen würde, doch nach 10km sank die Spannung rapide. Sofort konsultierte ich den Flussführer und gleich vor mir war die Abzweigung zum Rhein-Marne-Kanal, wo sich eine Werft befindet, die mir sofort eine Steckdose zuwies. Wieder ladet es aber nicht mit voller Leistung, die Spannung zeigt 210V an: das ist eben Leben auf dem Lande!Als ich in Chalons vor der Schleuse ankam, war diese geschlossen. Gleich hinter mir eine Sand-Péniche, die auch hindurch wollte. Die Schleusenwärter erklärten uns, dass wir erst am

31.1.20 passieren dürfen. Die Schleuse sei zwar einsatzbereit, an den Direktiven sei leider nicht zu rütteln.Ich gehe zum Boot zurück, gebe meine Info dem neben mir wartenden Kapitän der Péniche weiter, schaue etwas ratlos in der Gegend herum und: gleichauf der Brücke vor mir winkt eine Gestalt mir freudig zu: Giannina, die mich ein paar Tage begleiten will. Wir haben nicht abgemacht, wo und wann genau wir uns treffen wollen, seit zwei Tagen hatten wir keinen Kontakt. Wir finden uns offensichtlich auch ohne Handy. Manchmal habe ich schon den Eindruck, dass unsere Handys nicht viel mehr sind als eine plumpe Kopie dessen, was uns alle jenseits des Physischen verbindet.So mache ich mich auf die Socken, finde in einem Seitenkanal ein Hausboot, klopfe an und werde von Sylvie freundlichst empfangen. Ich hole die Déjà Vu, lege längsseits an und schon kommt Regis, nimmt unser Kabel an seine Steckdose und das Laden kann beginnen. Wieviele Möglichkeiten des Steckdosenfindens mag es wohl geben?30.1.20 Giannina hat mir 100 Balancer für die Akkus mitgebracht, die die vollen Zellen 20 mal stärker egalisieren wie das von China gelieferte System. So kam mir die geschlossene Schleuse gerade gelegen, um diese Arbeit zu montieren. Nun muss ich nicht mehr ständig jede Zelle selbst überwachen, um eine Überladung einzelner Zellen zu vermeiden.

31.1.20 Nach weiteren Diskussionen an der Schleuse können wir diese passieren, aber gleichzeitig wird uns mitgeteilt, dass wir nur 30km weit fahren können, da die letzten 3 Schleusen vor Vitry-le-François erst am 3.2. passierbar seien. So legen wir im offiziellen Hafen von Châlons-en-Champagne an, lernen Australier, Briten und Belgier kennen, die hier auf ihren Booten überwintern. Auch Regis kommt uns nochmals besuchen: er überlegt sich, seine Péniche zu verkaufen und gegen ein Segelboot zu tauschen: womöglich mit E-Antrieb, nachdem er die Déjà Vu kennen gelernt hat.

1.2.20 so bleiben wir dann noch einen Tag in Châlons-en-Champagne, bevor wir nach 25 km und einigen Schleusen 5km vonVitry-le-François am

2.2.20 vor der geschlossenen Schleuse anlegen. Wir wandern dem Kanal entlang zum Bahnhof, wo Giannina den Zug nach Hause nimmt. Ich benutze den freien die Nachmittag mit Arbeiten, die ich während dem Fahren unmöglich machen kann.

3.2.20 In Vitry-le-François zweigt der Champagne-Bourgogne Kanal ab. Schon bald fahre ich drei Pénichen hinterher: wir können nur einer nach dem andern geschleust werden. Penichen sind 38m lang und 5m breit, nur ein paar Zentimeter grösser sind die Schleusen. Auch ich muss sehr exakt fahren, denn auf jeder Seite bleiben nur 25cm. Bei Einbruch der Nacht mache ich an einem Baum fest und sehe zu meiner Verwunderung eine Autobahn, die 100m nebenan vorbei führt und 24h rastlos benutzt wird. So werde ich wieder mal kurz aus meiner Umgebung der Langsamkeit herausgerissen.

4.2.20 Kaum bin ich losgefahren, fahre ich auf eine Untiefe, verursacht durch ein unterspültes Stück Ufer, das ins Wasser fiel. Nachts ist mir eingefallen, dass ich mir einen Neoprenanzug zulegen sollte, um an die Propeller zu kommen, in die sich immer wieder Pflanzenteile verwickeln und deren Effizienz enorm bremsen. Da die Motorenkraft nicht ausreichte, um wieder flott zu kommen, musste ich eben nackt ins kalte Wasser: ich benutzte die Gelegenheit, eine Ranke vom Propeller zu befreien, die schon seit Tagen den rechten Antrieb bremste. Zusammen mit den Motoren brachte ich die Déjà Vu wieder flott. 2 Stunden später traf “Petra” ein, mit Blitz, Donner, Hagel und Schnee….Unterwegs halte ich immer wieder kurz an, wenn auf dem Flussführer eine Steckdose eingezeichnet ist. Aber kaum eine ist in Betrieb, oft ist der Kasten sogar kaputt. Diese Gegend ist nur dünn besiedelt und es gibt kaum Häuser am Kanal. So war ich froh, dassgegen Abend das Schleusenwärterhaus bewohnt war: als ob sie auf mich warten würden, musste ich mein Anliegen nicht lange erklären. Ich solle an der Péniche nach der Schleuse festmachen. Dort erwartete mich schon deren Besitzer, unkomplizierter hätte ich es mir nicht wünschen können.

Déjà Vu Langres -Lyon

7.2.20 Nachdem ich nun bei schönstem Wetter -nur die Nächte waren kalt und morgens mussten die Fenster enteist werden -unterwegs war, erreichte ich heute Langres. Wie immer ausserordentliches Glück bei der Steckdosenjagd. Am Steg gab es viele Steckdosen, aber ohne Strom. Zudem mit dem Vermerk, es dürfen nur 5 statt 16A gezogen werden. So fahre ich eben weiter und halte beim ersten Haus an. Es stellte sich als Materiallager des VNF heraus. Ich suchte einen Eingang und schon kam ein VNF-Mann heraus und fragte, was ich da suche. “une borne électrique” und ohne zu überlegen zeigte er auf den Briefkasten: “en-dessous de la boîte à lettre” -und schon war er weg.

8.2.20 Nach 3 Schleusen ging es in einen 5km langen Tunnel: ich war echt froh, denn die tiefe Morgensonne macht es ungemein schwierig, die Schleusen zu treffen… Darüber liegt die Quelle der Marne, die ich nun von der Seine bis hierher erleben durfte. Zudem hatte sie wieder Hochwasser, was alles noch lebendiger machte. Wirklich ein wunderbares Tal. Das Tunnel ist die Wasserscheide auf 340m üNN zwischen Atlantik und Mittelmeer, und gleich folgt eine 5m hohe Schleuse nach der anderen. Bei der letzten Schleuse treffe ich wieder einen VNF-Mann, frage ihn, ob der unten liegende Anleger Steckdosen hätte. Bevor ich mit dem Boot dort ankam winkte er mich an eine Säule und sagte, diese sei intakt und funktioniere, so war es auch. Die Steckdosenjagd wird immer komfortabler.

9.2.20 Gegen Abend hole ich vor einer Hebebrücke die Penichen wieder ein, die vor mir in Vitry auch den CCB nahmen: diese brauchen deutlich länger, um sich zu schleusen, wie ich. So lege ich etwa 10km vor der Saône an, wo ich eine stürmische Nacht (Sabine) gut überlebe.

10.2.20 Als ich um 11h in Pontailler ankomme, steht bereits Thibaud, ein alter Bekannter, der oft mit dem Basilisk 2 unterwegs ist, im Hafen zum Empfang bereit. Er träumt von einem ähnlichen Segel-Solar-Hybridboot wie die Déjà Vu. Am Nachmittag stösst Jean-Marc zu uns. Er hat vor rund 15 Jahren den B2 übernommen und besucht damit viele Ökoveranstaltungen. Er ist ein engagierter Ökoaktivist in Dijon, ähnlich wie Martin Vosseler in Basel. Er bringt mich denn auch mit seinem Auto nach St Brais, wo ich die PV-Module und was dazu gehört abhole.

13.2.20 Nach einem kurzen Stop im “Citronade”, einem herrlichen kleinen Restaurant in meiner alten Heimat Besançon, wo ich 5 Jahre auf dem Voyager wohnte, kehren wir nach Pontailler zurück.

14.2.20 Heute besuchten mich mein Schwager Urs und Giannina’s Schwester Moni. Urs schaute sich die etwas unübersichtliche Elektrik der Déjà Vu an und schafft es nach vielem Suchen, all die elektronischen Geräte in Gang zu setzen: Vielen Dank.

15.2.20 In Pontailler treffe ich wieder auf viele hilfsbereite Menschen: Erwin, der Gérant von Canalous, hilft mir, wo er kann, Sébastien repariert mit seinem Schweissgerät die Reling, sein Vater Andre, der eben ein altes Hausboot renoviert, liefert mir fehlendes Werkzeug und Inox-Schrauben, die mir fehlen, Jean Gerber (82) ist aus Strassburg angereist, um sich das Boot anzusehen und hilft mir, zusammen mit Jean-Marc, die PV-Module zu montieren. Es ist einfach schön, neue und alte Freunde zu treffen, die wie selbstverständlich bei meinem Unternehmen zur Seite stehen. Auch Giannina ist wieder bei mir und kümmert sich um unser Wohlergehen auf dem Schiff. Anfangs etwas skeptisch gegenüber meinem neuen Projekt, steht sie nun voll dahinter, hält mir auch finanziell den Rücken frei….. auch ihr sei hier ganz herzlich gedankt.

16.2.20 Zusammen mit Jean-Marc habe ich heute 1,2kWp Pv-Module montiert, die genügen, um die Déjà Vu mit 6km/h voran kommen zu lassen. Erwin präsentiert mir eine Rechnung, die kaum bescheidener hätte ausfallen können. Die Welt scheint so zu funktionieren, wie ich sie mir wünsche.

17.2.20 Leider verlassen mich heute Giannina und Jean-Marc, nachdem wir in Auxonne angekommen sind, das regnerische Wetter passte zu meiner Stimmung. Jean-Marc ist ein wunderbarer, wacher Mensch, zudem in vielfältigsten Tätigkeiten bewandert. An ihre Stelle treten nun Laura und Janos, bin gespannt, wie das gehen wird. Die achtwöchige Absenz von Janos werfen in mir schon Fragen auf. Da sie diese nicht ansprechen, bleibe ich abwartend. Abends erreichen wir Seurre mit vielen Anlegestellen, überall Steckdosen, frei zugänglich.

18.2.20 Über Nacht lässt mich Jean-Marc wissen, dass er gerne noch ein paar Tage mitfahren möchte. Als wir um 14h in Châlons-sur-Saône ankommen, dauert es nicht lange, bis Florentin, ein Journalist, auftaucht. Jean-Marc hat ihn eingeladen -er selbst trifft wenig später selber ein. Abends gab es dann eine heftige Auseinandersetzung zwischen Janos und mir, die damit endete, dass ich ihm nochmals klar machte, auf seine Mitarbeit verzichten zu wollen, falls er die “chum I nit hüt, chum I morn” Stimmung nicht ablegen kann. Das betrifft auch Laura, mit der er gerade in einer engen Beziehungskiste steckt. Aber so ein Projekt kann nicht gelingen, ohne dass sich alle Beteiligten voll darauf einlassen.

19.2.20 Morgens teilt mir Laura mit, dass sie heute noch mitfahren möchten, womit ich einverstanden bin, wenn sie wollen bis Marseille. Janos gab sich heute sehr zurückhaltend, Laura viel Mühe, ihre Sache recht zu machen. Als wir in Mâcon ankommen werden wir von Cyrille, dem Hafenmeister, mit diesen Worten begrüsst: unser zukunftsweisendes Boot brauche nichts zu bezahlen! -Er hat den Zeitungsartikel bereits gelesen und freut sich, dass wir auch bei ihm Station machen. In der Stadt finden wir dank Jean-Marc’s kundiger Führung eine herrliche Bäckerei aus Grosselterns Zeiten und erkundigen uns gleich noch nach einer sympathischen Bar. Dort angekommen, spricht mich Ben an: “die Pizza in Deiner Hand habe ich gebacken”, offeriert uns gleich ein Bier dazu und wir verbringen den Abend zusammen mit Gladys, die Erfahrung im Umgang mit Wölfen hat (für einen Film) und wir gehen als Freunde auseinander.

20.2.20 Der Tag beginnt schon aussergewöhnlich: Ben und Gladys, die wir gestern kennen lernten, statten uns frühmorgens mit Backwaren aus -alles geschenkt. Bei strahlendem Wetter erleben wir die wunderschöne Saône: Kormorane, Grau-und Weissreiher, Störche, Möwen, Eisvögel und und und…. da sie sehr viel Wasser führt, kommen wir zeitig in Lyon an, wo ein Internet-Reporter bereits auf uns wartet und die letzte Strecke mit uns fährt.

21.2.20 Bei schönstem, warmem Wetter fahren wir los, erreichen bald den Zusammenfluss der Rhone und der Saône und steuern die Schleuse Pierre Bénits an. Die Tore sind offen doch frage ich erst per Funk, ob ich hinein fahren darf. Auf die Frage, wo ich denn hinfahren wolle (Marseille) erhalte ich die Auskunft, dass die nächste Schleuse wegen eines Unfalls für 1-2 Wochen gesperrt sei… so kehren wir in den Hafen von Lyon zurück, wo die Déjà Vu gut liegt, packen unsere Sachen, um den Zug in die Schweiz zu nehmen, als unverhofft eine Frau vom Ufer aus ruft, ob sie mich kurz sprechen könne. Es war eine Equipe von FR 3, die dank Jean-Marc von uns gehört hat, sie freut sich, dass wir noch nicht abgefahren sind, machen ein Interview und filmen uns, wie wir das Boot verlassen.

Lyon-Port St Louis-St Mandrier-Carloforte

10.6.2020 Mittwoch: Nach fast 4 Monaten Unterbruch unserer Reise – erst war eine defekte Schleuse, dann der Virus die Ursache, holte ich am Basler Bahnhof Daniel Häger aus Jena ab. Er wurde gerade von einem Grenzbeamten am Bahnhof SBB kontrolliert und durfte einreisen, obwohl dies nur mit triftigem Grund vor dem 15.6. möglich ist. Wir holen am Flughafen Basel-Mulhouse ein Mietauto und fahren nach St Brais.

11.6.2020 Donnerstag: Es gibt noch Einiges einzuladen, dann fuhren wir ohne Probleme bei Le Locle nach Frankreich und gelangten nach Lyon, wo die Déjà Vu unversehrt bereit liegt. Wir können den Mietwagen hier zurückgeben.

12.6.2020 Freitag: Um 8h fahren wir los: weder Rhône noch Saône hatten viel Wasser, doch schob uns die Strömung mit etwa 3km/h voran, so dass wir abends nach rund 100km Tournon (PK 91) erreichten. Steckdosen: in Hülle und Fülle!

13.6.2020 Samstag: Heute ging es nicht so flott voran: einmal hatten wir starken Gegenwind (Scirocco), der gegen die Strömung wehte und ziemlich unangenehme Wellen erzeugte, so dass unser Boot unter heftigem Stampfen während Stunden nur langsam vorankam. Im sympathischen Hafen von Viviers (PK 166) war im Guingette gerade grosses Scheiaweia angesagt, das ganze Dorf scheint sich hier versammelt zu haben. Wir kamen heute nicht gerade weit, da wir auch bei den Schleusen einige Wartezeit hatten. Einmal mussten wir einem Tanker mit gefährlicher Ladung den Vortritt lassen: wir durften nicht mit ihm zusammen in die Schleuse.

14.6.2020 Sonntag: Da wir gestern nur 75km schafften, fuhren wir heute um 6h los und erreichen bei PK 283 Arles, wo wir vor einem Seitenkanal (Nouvelle écluse d’Arles) in den Pampas sicher anlegen konnten. Wir brauchten heute auch keine Steckdose, da die Akkus noch 60% geladen waren. Wir haben seit Lyon fast immer Sonnenschein. Natürlich machten wir abends einen Rundgang durch die römischen Theater, Touristen sind noch kaum aufgetaucht.

15.6.2020 Montag: Heute erreichen wir locker rechtzeitig Port St Louis, um durch die Schleuse in den Hafen zu gelangen. Um 14.30h hatten wir ein RV, um den Mast zu stellen. Alles verlief ohne Probleme, der Kranführer wusste genau, was zu tun war. Die Nacht war etwas unruhig wegen all der Mücken, die die Camargue bevölkern.

16.6.2020 Dienstag: Nun müssen wir alle E-Kabel vom Mast wieder richtig anschliessen, was Daniel als Informatiker locker schafft. Ich dachte, dass wir hier Übersichtskarten vom Mittelmeer und ein AIS-Gerät finden. Fehlalarm: nichts an Lager und Lieferungen würden mehrere Tage dauern. Auch den Autopiloten konnte niemand zum Funktionieren bringen.

17.6.2020 Mittwoch: da wir morgen losfahren wollen, kaufen wir Lebensmittel für eine Woche ein. Die Wettervorhersage ist gut. Abends trifft Giannina noch aus der Schweiz zu uns, so dass wir nun bereit sind.

18.6.2020 Donnerstag: Um 8h laufen wir aus dem Hafen aus und setzen dann die Segel. Der Wind ist sehr unbeständig und wir helfen mit den Motoren nach, damit wir nicht unter 3 Knoten fallen. Wir benutzen Navionics mit einem Ipad: das macht das Navigieren und Steuern zum Kinderspiel. Das war bei meinem letzten Mittelmeertörn vor 30 Jahren noch viel schwieriger. Auch ist die Webseite “Windfinder” unerlässlich, um die voraussichtlichen Wetter- und Windverhältnisse abzuschätzen.

19.6.2020 Freitag: Um 2h morgens weckt mich Daniel: der Wind hat inzwischen gegen 6Bft zugenommen, die Déjà Vu “fliegt” fast mit 5-6Knoten leicht achterlichem Wind Richtung Sardinien. Wir müssen die Segel reffen – zum ersten mal und mitten in der Dunkelheit eine etwas gefährliche Angelegenheit. Daniel schafft das aber, natürlich mit der Sicherheitsleine angebunden. Denn “Mann über Bord” in der Nacht bei Wellengang ist unbedingt zu vermeiden. Dummerweise versagte aber nachher die hydraulische Steuerung: später stellt sich heraus, dass eine Leitung leckt. So warten wir erst die Morgendämmerung ab, bevor wir die Notpinne montieren. Später stellen wir fest, dass das Backbordruder aus seiner Halterung gefallen ist, wir können es aber notdürftig wieder befestigen. So entscheiden wir uns, dieses in St Mandrier zu reparieren, bevor wir weiter fahren. Nach 8 Stunden bei 5–6 Bft erreichen wir dann nach 60sm den Hafen. Hier müssen wir den Montag abwarten, bis die nahegelegene Werft das Boot ins Trockene heben kann.

20.6.2020 Samstag: wir erkunden Toulon – ein wichtiger Hafen der französischen Marine – und lassen uns per Luftseilbahn auf den Aussichtspunkt Faron fahren. Von hier aus hat man einen wunderbaren Überblick auf Toulon, die See und sein Hinterland.

21.6.2020 Sonntag: wir erkunden unsere Halbinsel: ziemlich schwierig, wir stehen immer wieder vor militärischem Sperrgebiet und privaten Absperrungen, die Wanderwege sind schlecht ausgeschildert. Sonst aber ein sympathischer Ort, wenig Touristen und landschaftlich abwechslungsreich.

22.6.2020 Montag: Der Andrang beim Bootslift ist ziemlich gross, die Ausgangssperre hat einen Stau verursacht. Als die Déjà Vu auf dem Trockenen sitzt, ist der Ruderschaden erst wirklich erkennbar: das Skeg hat sich gelöst und sitzt recht krumm vor dem Ruder. Dies geschah vermutlich bei der Einfahrt in die Seine, als ich auf einem überspülten Damm hängen blieb und nur mit viel Glück wieder loskam. Da das Wasser meist trübe und kalt war, habe ich eine Inspektion immer wieder verschoben. Zudem funktionierte das Steuer doch noch. Der Hafenmeister macht mir ein Devis: € 4000 und 14 Tage warten, bis jemand Zeit hat. So beschliessen wir, den Schaden selber zu beheben. Tatsächlich schaffen wir das in 3 Tagen. Daniel ist mir eine grosse Hilfe: sein Interesse und Können motivieren mich. Auch finden wir einen Mechaniker – Bob aus der Karibik – der die 3 dicken Gewindestangen wieder gerade biegt, so dass wir es wieder korrekt montieren können. So lerne ich nach und nach das Boot im Detail kennen.

25.6.2020 Donnerstag: um 17h ist die Déjà Vu auslaufbereit und wir nehmen Kurs nach Korsika. Erst gibt es so 2-3 Bft, dann flaut es langsam ab. Wir müssen die meiste Zeit die Motorunterstützung verwenden, um 3 Knoten (6km/h) nicht zu unterschreiten. Da wir neben der Ruderreparatur auch einen Autopiloten und ein AIS (automatical identification system) einbauten, ist die Navigation ein Kinderspiel. Wir benutzen auch die elektronischen Seekarten von Navionics. So wissen wir jederzeit, wo wir sind, welchen Kurs wir fahren und ob andere Schiffe auf unserem Kurs liegen, was hier an der Küste ständig der Fall ist. Als ich am

26.6.2020, Freitag, um 3h morgens Daniel von der Wache ablöse, haben wir das Glück, etwa 1 Stunde lang einen Delphin zu beobachten, der unser Boot begleitet. Das nehmen wir natürlich als gutes Omen! Kurz nach Sonnenaufgang erspähen wir auch etwa 1km entfernt einen grossen Wal, der da ständig Wasserfontänen pustet. Das einzige was uns fehlt, ist Wind: meine 1.2kWp PV-Module produzieren rund 8kWh/Tag, was für 10 Stunden Hilfsmotorbetrieb reicht. Die Akkus mit 45kWh Kapazität reichen für weitere 50 Stunden. Ohne diesen wären wir nur halb so schnell und der Autopilot würde kaum funktionieren. Die Tage dauern hier 15h Stunden, eine Stunde weniger als zuhause. Daniel, Giannina und ich sind eine Mannschaft, die sich ausgezeichnet versteht: wir ergänzen uns bestens und sind echt glücklich. Um Mitternacht haben wir die halbe Strecke bis Sardinien hinter uns.

28.6.2020 Sonntag: Da es gestern kaum Wind gab, fuhren wir sehr gemächlich unter Motor weiter und steuerten den Nordzipfel Sardiniens an, um die Batterien aufzuladen, die zu 80% leer waren. Als aber kurz vor dem Ziel doch noch Wind aufkam beschlossen wir, doch nicht anzulegen, da die Windvorhersage bis Mittwoch gut zu sein scheint. So fahren wir nun Sardiniens Westküste entlang. Auf marinetraffic.com findet Ihr die Déjà Vu in der Suchfunktion unter 232024708.

1.7.2020 Montag: Nach einer ruhigen Fahrt der sardischen Westküste entlang gelangten wir um 2h früh in den Hafen von Carloforte auf der Isola San Pietro. Ein hübsches kleines Städtchen, wo gerade der Markt stattfand und wir unsere Vorräte aufstocken konnten. Ich baute auch eine Pinne für die Déjà Vu: das Steuern mit der Notpinne vor Toulon machte uns so viel Spass, dass wir diese durch ein etwas eleganteres Modell ersetzten. Man spürt das Boot viel besser als mit dem Steuerrad. Auch bauten wir einen Autopiloten ein, da der vorhandene nicht funktionieren wollte. Das Städtchen wirkte noch ziemlich verlassen, in den Läden war Maskentragen obligatorisch.

Carloforte – Sizilien – Kefalonia

2.7.2020, Donnerstag: um 13h verliessen wir Carloforte, zusammen mit einem Engländer, der mit seinem 15m Boot von Antigua kam und über Sizilien nach Griechenland unterwegs war. Natürlich war er deutlich schneller als wir. Wir freuten uns über den Autopiloten, der seine Sache recht gut machte. Als gegen Abend der Wind abflaute und wir mit 2 Knoten durch die Nacht schlichen, hängte er uns vollends ab: dies allerdings mit Hilfe seines Motors.

3.7.2020, Freitag: bis um die Mittagszeit mussten wir den Flautenschieber benutzen, bis dann am Nachmittag der Wind auffrischte. Gegen Abend wurde er so stark, dass wir während der Nacht mit der Pinne steuerten: wir wagten es nicht, dies dem Autopiloten zu überlassen. So segelten wir die ganze Nacht mit 5-6 Knoten bei achterlichem Wind, was für die Déjà Vu ganz nett ist. Daniel und ich freuten uns, dass wir endlich mal richtig segeln konnten, Giannina verzog sich etwas verängstigt mit der Schwimmweste in die Kabine.

4.7.2020, Samstag : der Wind nahm nun auf 5-6 Bft zu und unser Boot schaffte bis 11 Knoten die Wellenberge hinunter. In 24h schafften wir 120sm: das war die erste längere Strecke mit einer akzeptablen Durchschnittsgeschwindigkeit. Bei bis zu 3m hohen Wellen steuerten wir Marsala an, wo wir am

5.7.2020, Sonntag: ankamen. Als wir schon festgemacht hatten und uns in die Kojen legen wollten, kam ein Mann und sprach unaufhörlich auf uns ein, obwohl wir kein Wort verstanden. Es stellte sich heraus, dass er der Nachtwächter war und unsere Einfahrt nicht bemerkt hatte, was ihn aufregte. Wir verbrachten den Morgen in dieser ersten arabischen Siedlung auf Sizilien. Marsala bedeutet “Hafen Allah’s”. Dieser macht heute einen ziemlich verlotterten Eindruck und € 60 Liegegebühr fanden wir echt überrissen. Die Altstadt wirkte aber authentisch, die vorwiegend älteren Menschen flanierten und diskutierten auf der Strasse, Touristen gab es kaum. Viele Menschen tragen Masken. Um 15h legten wir wieder los, mit leichtem Nordwind gab es eine gemütliche Nacht, ab und zu mussten die Motoren mithelfen.

6.7.2020, Montag: Erst mit wenig, dann mit immer mehr achterlichem Wind bis 6 Bft segelten wir der Küste entlang, ziemlich entspannt erreichten wir um 22h Gela mit seiner Erdölindustrie, die dem Ort etwas Wohlstand bringt. Der Kleine Hafen war sehr seicht, was der Déjà Vu mit ihren 70cm Tiefgang aber keine Probleme bereitete. Wir fanden einen freien Liegeplatz neben einem Boot, dessen Besitzer uns freundlich empfing. Die lange Uferpromenade mit ihren Badestränden war voll belebt, Masken sah man kaum! Auch hier: fast nur Einheimische, was den Ort authentisch erscheinen liess. Gela war die erste griechische Siedlung in Sizilien.

7.7.2020, Dienstag: Um 11h legten wir los. Die Winde bleiben um die 2Bft. Wir umrunden die Südostspitze Siziliens und unter Motor erreichen wir kurz vor Sonnenaufgang Marzamemi, einem ehemals bedeutenden Fischerdorf, heute ist jedes Häuschen eine Boutique und vom Tourismus geprägt. Auch hier: fast nur Einheimische. Nach dem Mittagessen legen wir ab. Erst der Südostküste entlang bis auf die Höhe von Catania, dann Richtung Osten zum Peloponnes. Nachts über lösen wir uns so alle 2/3 Stunden mit der Wache ab. Dank Autopilot ist das nicht so anstrengend: Ausschau halten nach anderen Schiffen – etwa 10 in 24h – Segel trimmen und Kurs überwachen, das ist alles.

8.7.2020, Mittwoch: Auch heute nur wenig Wind. Wir chillen auf dem Boot herum und baden ab und zu. Da das Boot doch schneller fährt als wir schwimmen können, lassen wir erst einen Rettungsring, der mit einem Seil am Boot festgebunden ist, ins Wasser. Dann lassen wir uns hinterher ziehen. Immer bedacht, das Seil nicht loszulassen.

9.7.2020, Donnerstag: Um 7h schalten wir die Motoren ein, um nicht unter 2 Knoten zu fallen. Diese laufen mit 400-800W. Wir haben auf windfinder.com vorausgesehen, dass wir anfangs nur wenig Wind zu erwarten haben. Doch legen wir auch so rund 50sm/Tag zurück.

10.7.2020, Freitag: Die ganze Nacht mussten die Motoren zugeschaltet bleiben. Um 1h holte uns ganz langsam ein anderes Segelboot ein, das dann aber seine Motoren einschaltete und vor uns verschwand. Um 23h frischte der Wind auf 3Bft auf und schob die Déjà Vu – die Segel in Schmetterlingsstellung – mit bis zu 4 Knoten vor sich her.

11.7.2020, Samstag: Um 6h wurde die Freude wieder gedämpft, der Wind liess nach, doch machten wir noch immer 2 Knoten Fahrt. Bald frischt es aber wieder auf und wir kommen flott voran, 2-3m hohe Wellen von achtern helfen uns dabei.

12.7.2020, Sonntag: Mit guten Winden nähern wir uns Griechenland. Auch in der Nacht kommen wir tüchtig voran, als es in Daniel´s Kabine plötzlich sehr verbrannt riecht. Wir leeren diese schnell, können aber nichts Ungewohntes feststellen. Wir schauen im Steuerbord Motorabteil nach, wo uns eine grosse Überraschung erwartet: der Zahnriemen läuft im Wasser und spritzt dieses herum, kein schöner Anblick. Ich lenze so schnell ich kann und bin erleichtert, dass kein neues Wasser eintritt. Später stelle ich fest, dass es ein paar ganz kleine Löcher in der Heckwand gibt, aus denen bei hohem Wellengang ständig ganz wenig Wasser sickert. Das reichte, um nach einigen Stunden das Pulli auf der Propellerwelle unter Wasser zu setzen. Und da ab ca. 5 Knoten Fahrt die Propeller mit drehen, spritzte es tüchtig auf die Elektronik. Die Motorensteuerung ist zum Glück wasserdicht und funktionierte noch, doch die Ladegeräte haben die Dusche nicht überlebt. Deren Stecker auf der Akkuseite lagen im Salzwasser, was diese durch einen Kurzschluss langsam
verbrennen liess und entsprechend roch.

13.7. 2020, Montag: Mit guten Winden erreichen wir um 7h Lixouri auf Kefalonia. Man schickt uns aber weiter in den Hafen von Argostoli, um in Griechenland einzuklarieren. Hier mussten wir dreimal den Liegeplatz ändern, bis die Hafenbehörde endlich zufrieden war. Das Prozedere dauerte bis 18h: die Beamten waren ziemlich hochnäsig und nur begrenzt hilfsbereit. Als wir schliesslich zum Boot zurückkehrten, war es nicht mehr da! Wir schauen uns um und sehen es 1km entfernt vor einem Damm liegen. Daniel, sportlich wie er ist, rennt auf den Damm hinaus, wo sich bereits ein Mann der Küstenwache und ein Fischerboot befinden. Die Déjà Vu ist zum Glück nur auf Kies gestrandet. Da das Fischerboot nicht nahe genug heranfahren kann, bringt Daniel den Anker aus, um das Boot wieder ins tiefere Wasser zu ziehen. Wir entschädigen die Fischer für ihre Hilfe und meinen, somit sei der Fall abgeschlossen. Doch nein: die Küstenwache beschlagnahmt unsere Papiere und verlangt eine Expertise des Bootes durch einen von der niederländischen Botschaft anerkannten Spezialisten!

14.7.2020, Dienstag: ich schalte meine Versicherung ein. Diese hat einen Vertreter in Athen. Er meint, ich müsse ihn bei der NL-Botschaft vorschlagen, was ich auch mache. Bald erhalte ich aber von dort ein Schreiben, dass dieses Vorgehen seit 8 Jahren eingestellt ist. Ich zeige dieses am

15.7.2020, Mittwoch den Beamten, die mich widerwillig weitere Formulare ausfüllen lassen und mir dann die Bootspapiere wieder aushändigen. Kein Wort des Bedauerns oder eine Entschuldigung.

16.7.2020, Donnerstag: Da ich kein neues Ladegerät finde, legen wir um 15h los in Richtung Patras. Anfangs sind die Winde wechselhaft, in der Nacht müssen wir wieder mit den Motoren nachhelfen, um nicht stehen zu bleiben.

17.7.2020, Freitag: der Wind kommt nun wie gemeldet stetig aus NW und wir machen 3-4 Knoten gemütliche Fahrt. Wir kreuzen mehrere Fährschiffe und Fischerboote, kurz vor Sonnenaufgang kam uns auch die Solarwave (14x7m) entgegen, die einst als erstes Solarboot die Welt umrunden wollte, doch wurde ihr diese Ehre durch die Planetsolar von Raphael Domjan weggeschnappt. So fahren wir denn an Patras vorbei und erreichen gegen Abend mit günstigen Winden Korinthos, wo wir im Hafen freundlich empfangen wurden. Ausser einem englischen Segelbootcharter gibt es kaum Touristen.

18.7.2020, Samstag: ich kontaktiere per email 4 Firmen, die vielleicht einen 48V Wechselrichter/Batterielader haben könnten. Der Hafen ist das Zentrum dieser geschichtsträchtigen Stadt. Wir wollen ein Auto mieten, werden aber nur in Athen Flughafen fündig.

19.7.2020, Sonntag: wir nehmen um 8h die S-Bahn zum Flughafen. Sie ist ziemlich neu und nach 2h Fahrt kommen wir an. Mit dem Auto fahren wir nach Diakopto Richtung Patra. Hier gibt es eine 75cm Schmalspurbahn teilweise mit Zahnrad, die durch eine pittoreske Schlucht führt, sehr abenteuerlich! Auf dem Rückweg besuchen wir gegen Abend auch das alte Korinthos, eine Ansammlung vieler Artefakten.

20.7.2020, Montag: tatsächlich erhielt ich auf meine emails eine positive Antwort. Es scheint in Athen genau ein solches Gerät zu geben, das wir dann auch abholen. Wir besuchen den Aussichtspunkt Attiko Alsos, von wo aus man Athen wunderbar überschauen kann. Neben vielen verlotterten Häuschen gibt es hier ein gepflegtes Nonnenkloster und eine weitere dem Elias geweihte Kapelle. Da es sehr heiss ist, besuchen wir den Nationalgarten mit seinen wunderbaren, Schatten spendenden Bäumen. Wir sehen hier gar grüne Papageien, die hier ihre grossen Kugelnester bauten. Abends fahren wir mit dem Zug und unserem Ersatzgerät nach Korinthos zurück.

21.7.2020, Dienstag: Da am Dienstag der Korinthkanal gesperrt ist, montiere ich unseren neuen Wechselrichter/Lader und kümmere mich um den verstopften Abwassertank – eine eher unangenehme, letztlich aber notwendige Arbeit.

22.7.2020, Mittwoch: Um 7 h fahren wir los, zusammen mit einem Schlauchboot aus Catana, und erreichen nach 1h den Eingang zum Kanal, wo die Autobrücke kurzerhand abgesenkt wird, damit wir einlaufen können. Vor rund 30 Jahren bin ich hier mit dem Basilisk 1 auf der Egytto Espresso zusammen mit Theo schon einmal durchgefahren. Ich verbrachte damals 2 Monate auf Andiparos als Privatlehrer der Theil’s. Erst gab es kaum Wind und wir motorten rund 1h, dann segelten wir bei 4Bft komfortabel mit 5-6 Knoten bis gegen 21h. Da für die Nacht 6-7 Bft angesagt waren, reffte ich die Segel, was sich als äusserst nützlich erwies: die Déjà Vu kam dabei an ihre Grenzen, mit 6-8 Knoten Fahrt, wir waren froh, dass das Boot durchhielt.

23.7.2020, Donnerstag: Eigentlich wollten wir in Serifos einen Halt einschalten, doch hätten wir ein paar Seemeilen genau gegen den Wind mit 6 Bft zurücklegen müssen, was die Déjà Vu nur mühsam schafft. So nahmen wir Kurs auf Paros, das wir um 16h locker erreichten. Ursula und Han Theil leben im Sommer hier und wollen uns morgen abholen.

24.7.2020, Freitag: Nach ausgiebigem Schlaf holt ums Han ab, um uns in sein Berghaus zu fahren. Es liegt auf rund 500m Höhe ganz allein und bietet einen wunderbaren Blick auf Naxos. Ursula kenne ich aus der Primarschule, Han war Giannina’s Musiktheorielehrer. Es war ein Zusammensein, das uns vergessen liess, dass wir uns 30 Jahre nicht mehr gesehen haben. Auch sie Menschen, die versuchten, dem mainstream Alltag zu entweichen, was ihnen ganz gut gelungen ist.

25.7.2020, Samstag: um 10h legten wir ab nach Rhodos, erst an Antiparos vorbei, in dessen Hafen viele grosse Luxusyachten lagen. Was für ein Gegensatz zum Zustand vor 30 Jahren, als Theo und ich uns für Ökoboote einsetzten. Offensichtlich sind unsere Bemühungen noch nicht angekommen…

27.7.2020, Montag: Nachdem wir vor der Südspitze von Rhodos noch bis zu 6 Bft hatten, flaute der Wind auf der Ostseite schnell ab und zuletzt mussten wir motoren, um das sagenhaft gelegene Lindos zu erreichen mit seinem idyllischen Naturhafen. Trotzdem schafften wir 100sm in 24h, was für unser Boot recht gut ist. Dank Corona gab es in der Bucht nur 4 Boote, zu normalen Zeiten soll es hier sehr eng werden. Wir verbrachten den Tag vor Anker auf dem Boot, denn es war viel zu warm, um an Land zu gehen, wo wir viele Autos parkiert sahen. Erst abends fuhren wir an den Steg, um das Dorf zu besuchen und einzukaufen. Wir sahen, dass all die Boutiquen auf weit mehr Touristen ausgerichtet waren, als momentan vorhanden.

28.7.2020: Dienstag: Mit Sonnenaufgang fuhren wir los Richtung Süden: da der direkte Weg die nächsten Tage Flaute hat, fahren wir erst 100sm nach SSO. Wenn die Fahrt unter 3 Bft fällt schalten wir die Motoren zu. Das hilft, nicht ganz stehen zu bleiben und erlaubt dem Autopilot, zu steuern. Das an der Radsteuerung eingebaute Gerät funktioniert leider nicht, darum habe ich in Toulon einen Pinnenpiloten, den ich als Reserve bei mir hatte, eingebaut. Zwar muss ich ihn jedesmal, wenn ich den Autopiloten ein- oder ausschalten will, an der Pinne umhängen, doch ist das nicht so schlimm, da diese Operation fast nur in der Nähe eines Hafens notwendig ist. Ich habe inzwischen gelernt, die Segel so zu trimmen, dass der Autopilot fast jeden Kurs auch bei Wind und Wellen meistert. Das ist eine enorme Erleichterung.

29.7.2020, Mittwoch: Noch immer sind wir auf SSO-Kurs, der Wind ist abgeflaut , doch haben wir immerhin 80sm in 24h geschafft, bevor unser Solarantrieb wieder eingeschaltet wird. Tagsüber reicht die Sonne, um die 700W zu produzieren, die wir für 2 Knoten Fahrt brauchen. Ich bin vorsichtig, auf die Batterien zurückzugreifen, da ich in Landnähe noch unbedingt Reserve haben möchte. Nachmittags nähert sich ein Fischerboot um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Im Funkgerät ertönt bereits ständig die Israeli Navy und fordert alle Boote auf, sich zu melden. Dabei sind wir noch 300sm weit entfernt. Auch die Türken melden sich ständig, sie streiten sich wieder einmal um die griechische Insel Meghisti, die nur 3sm von der Türkei entfernt ist. Wir sind 70sm südlich. Erst gegen 20h kommt langsam ein regelmässiger Wind auf und wir “rasen” bei 4 Bft am halben Wind mit bis zu 7 Knoten. Nachts flaut es wieder ab, aber wir können gut 3 Knoten halten.

30.7.2020, Donnerstag: Nach 48h haben wir 140 von 270sm bis Pharos/
Zypern zurückgelegt. Der direkte Kurs beträgt 220sm, doch prognostizierte windfinder.com für diesen Kurs vorwiegend Flaute. Es scheint, dass sich der Umweg bezahlt macht.

Kefalonia -Zypern

16.7.2020, Donnerstag: Da ich kein neues Ladegerät finde, legen wir um 15h los in Richtung Patras. Anfangs sind die Winde wechselhaft, in der Nacht müssen wir wieder mit den Motoren nachhelfen, um nicht stehen zu bleiben.

17.7.2020, Freitag: der Wind kommt nun wie gemeldet stetig aus NW und wir machen 3-4 Knoten gemütliche Fahrt. Wir kreuzen mehrere Fährschiffe und Fischerboote, kurz vor Sonnenaufgang kam uns auch die Solarwave (14x7m) entgegen, die einst als erstes Solarboot die Welt umrunden wollte, doch wurde ihr diese Ehre durch die Planetsolar von Raphael Domjan weggeschnappt. So fahren wir denn an Patras vorbei und erreichen gegen Abend mit günstigen Winden Korinthos, wo wir im Hafen freundlich empfangen wurden. Ausser einem englischen Segelbootcharter gibt es hier kaum Touristen.

18.7.2020, Samstag: ich kontaktiere per email 4 Firmen, die vielleicht einen 48V Wechselrichter/Batterielader haben könnten, den ich ersetzen muss. Der Hafen ist das Zentrum dieser geschichtsträchtigen Stadt. Wir wollen ein Auto mieten, werden aber nur in Athen Flughafen fündig.

19.7.2020, Sonntag: So wir nehmen um 8h die S-Bahn zum Flughafen. Sie ist ziemlich neu und nach 2h Fahrt kommen wir an. Mit dem Auto fahren wir nach Diakopto Richtung Patra. Hier gibt es eine 75cm Schmalspurbahn teilweise mit Zahnrad, die durch eine pittoreske Schlucht führt, sehr abenteuerlich! Die Fahrzeuge stammen von Stadler Rail! Auf dem Rückweg besuchen wir gegen Abend auch das alte Korinthos, eine Ansammlung vieler Artefakten.

20.7.2020, Montag: tatsächlich erhielt ich auf meine emails eine positive Antwort. Es scheint in Athen genau ein solches Gerät zu geben, das wir dann auch abholen. Wir besuchen den Aussichtspunkt Attiko Alsos, von wo aus man Athen wunderbar überschauen kann. Neben vielen verlotterten Häuschen gibt es hier ein gepflegtes Nonnenkloster und eine weitere, dem Elias geweihte Kapelle. Da es sehr heiss ist, besuchen wir den Nationalgarten mit seinen wunderbaren, Schatten spendenden Bäumen. Wir sehen hier gar grüne Papageien, die hier ihre grossen Kugelnester bauten. Abends fahren wir mit dem Zug und unserem Ersatzgerät nach Korinthos zurück.

21.7.2020, Dienstag: Da am Dienstag der Korinthkanal gesperrt ist, montiere ich unseren neuen Wechselrichter/Lader und kümmere mich um den verstopften Abwassertank – eine eher unangenehme, letztlich aber notwendige Arbeit.

22.7.2020, Mittwoch: Um 7 h fahren wir los, zusammen mit einem Schlauchboot aus Catana, und erreichen nach 1h den Eingang zum Kanal, wo die Autobrücke kurzerhand abgesenkt wird, damit wir einlaufen können. Vor rund 30 Jahren bin ich hier mit dem Basilisk 1 auf der Egytto Espresso zusammen mit Theo schon einmal durchgefahren. Ich verbrachte damals 2 Monate auf Andiparos als Privatlehrer der Theil’s. Erst gab es kaum Wind und wir motorten rund 1h, dann segelten wir bei 4Bft komfortabel mit 5-6 Knoten bis gegen 21h. Da für die Nacht 6-7 Bft angesagt waren, reffte ich die Segel, was sich als äusserst nützlich erwies: die Déjà Vu kam dabei an ihre Grenze mit 6-8 Knoten Fahrt, wir waren froh, dass das Boot durchhielt. Aber ich bin eben ein Grenzgänger und muss diese immer wieder ausloten.

23.7.2020, Donnerstag: Eigentlich wollten wir in Serifos einen Halt einschalten, doch hätten wir ein paar Seemeilen genau gegen den Wind mit 6 Bft zurücklegen müssen, was die Déjà Vu nur mühsam schafft. So nahmen wir Kurs auf Paros, das wir um 16h locker erreichten. Ursula und Han Theil leben im Sommer hier und wollen uns morgen abholen.

24.7.2020, Freitag: Nach ausgiebigem Schlaf holt ums Han ab, um uns in sein Berghaus zu fahren. Es liegt auf rund 500m Höhe ganz allein und bietet einen wunderbaren Blick auf Naxos. Ursula kenne ich aus der Primarschule, Han war Giannina’s Musiktheorielehrer. Es war ein Zusammensein, das uns vergessen liess, dass wir uns 30 Jahre nicht mehr gesehen haben. Auch sie Menschen, die versuchten, dem mainstream Alltag zu entweichen, was ihnen ganz gut gelungen ist.

25.7.2020, Samstag: um 10h legten wir ab nach Rhodos, erst an Antiparos vorbei, in dessen Hafen viele grosse Luxusyachten lagen. Was für ein Gegensatz zum Zustand vor 30 Jahren, als Theo und ich uns für Ökoboote einsetzten. Offensichtlich sind unsere Bemühungen noch nicht angekommen…

27.7.2020, Montag: Nachdem wir vor der Südspitze von Rhodos noch bis zu 6 Bft hatten, flaute der Wind auf der Ostseite schnell ab und zuletzt mussten wir motoren, um das sagenhaft gelegene Lindos zu erreichen, mit seinem idyllischen Naturhafen. Trotzdem schafften wir 100sm in 24h, was für unser Boot recht gut ist. Dank Corona gab es in der Bucht nur 4 Boote, zu normalen Zeiten soll es hier sehr eng werden. Wir verbrachten den Tag vor Anker auf dem Boot, denn es war viel zu warm, um an Land zu gehen, wo wir viele Autos parkiert sahen. Erst abends fuhren wir an den Steg, um das Dorf zu besuchen und einzukaufen. Wir sahen, dass all die Boutiquen auf weit mehr Touristen ausgerichtet waren, als momentan vorhanden.

28.7.2020, Dienstag: Da die guten Winde Richtung Zypern sich rund 100sm südlicher befinden, muss wiedermal der Solarantrieb arbeiten. Das funktioniert ganz gut und tatsächlich finden wir dort einen konstanten Wind von 3 Bft, der uns mit 4 Knoten nach Paphos auf Zypern bläst. Die zurückgelegte Strecke betrug etwa 300sm und es gab kaum Wellen, womit dies zur angenehmsten Passage der ganzen bisherigen Reise wurde.

1.8.2020, Samstag: Nachdem wir gestern Abend in Pafos angekommen sind, folgte heute die grosse Überraschung: wir mussten für eine einzige Nacht am Steg € 138 bezahlen. Dabei gab es kein Strom, kein Wasser, keine Dusche. Grund: der Stadtrat änderte die Tarife, hat sich aber um eine Kommastelle geirrt und das kann erst wieder im Herbst geändert werden. Ist Zypern eine Bananenrepublik? – So fahren wir natürlich gleich weiter, solche Preise kann ich mir nicht lange leisten, der Südküste entlang Richtung Larnaca.

2.8.2020, Sonntag: Larnaca empfängt uns weit freundlicher als Pafos, so werden wir vorerst mal hier bleiben, da die Einreise nach Israel z. Z. kaum möglich ist. Ich nehme mit Israel, aber auch mit dem Libanon und Syrien Kontakt auf um herauszufinden, ob eine Einreise möglich ist. Da es hier sehr heiss und feucht ist, beschliessen wir, ein Auto zu mieten und ein paar Tage in die Berge zu fahren, wo es viel angenehmer als an der Küste ist, wo es zwar wunderbare Sandstrände, aber auch vorwiegend disneylandartige Vergnügungsstätten gibt, nicht gerade unser Geschmack!

4.8.2020, Dienstag: Erst statten wir Nikosia einen Besuch ab, wo die Grenze zum von der Türkei besetzten Teil mitten durch die Stadt läuft. Letztes Jahr bin ich von der Türkei her über diese Grenze gekommen, nun ist sie wegen dem Virus geschlossen. Die Altstadt Nikosia’s ist wirklich hübsch und die Menschen, trotz ihrer bewegten Geschichte, fast durchwegs auffallend freundlich.
Dann sehen wir von Weitem Quellwolken über den Bergen und als wir uns in einem Besucherzentrum über die Entstehung Zyperns informieren, fängt es tatsächlich an, zu regnen: das erste mal, seit meiner Abreise in Lyon! In Troodos auf 1500m finden wir ein nettes Hotel, freunden uns schnell mit ein paar zypriotischen Gästen an und merken, dass diese ein äusserst kultiviertes, weltoffenes Volk sind. Fast alle können englisch, aber auch deutsch, französisch und italienisch sind sehr beliebt. Wenn das Gespräch ganz intensiv wird, wird sogar gesungen. Wir treffen hier auch auf Lucio aus Varese, studierter Gitarrist, er lebt von seiner Strassenmusik. Seit Januar wartet er auf Zypern, um mit der Déjà Vu nach Israel mitzufahren. Wir verstehen uns sofort gut: er ist so etwas wie ein Neo-Hippie, seit etwa einem Jahr per Fahrrad unterwegs.

5.8.2020, Mittwoch: Wir wandern heute auf dem Kaledonia Trail. Dies ist einer der wenigen Bäche hier, der das ganze Jahr Wasser führt. Es ist wunderbar, neben dem plätschernden Bach durch die Schlucht zu wandern. Der Weg ist sehr gut und schön ausgebaut und die meist zypriotischen Menschen, die wir antreffen, haben alle ein Strahlen auf ihrem Gesicht. Man grüsst sich, wie in den Schweizer Bergen. Auch zuhause wandere ich oft Bächen und Flüssen entlang, da die Lebendigkeit des Wassers direkt in den Körper übergeht. Das konnte ich immer wieder auf Schulreisen mit Kindern beobachten, aber auch mit Sangra. Nach der vielstündigen Wanderung stellte ich auch überrascht fest, dass meine seit Wochen etwas aufgeschwollenen “Klumpfüsse” sich wieder normalisiert haben. In solch einer trockenen Gegend schätzt man so einen Bach ganz besonders.

Larnaka – Lakki/Leros

Montag, 31.8.20. Um 9h legen Lucio und ich los. Es wird ein sehr gemütlicher Tag, wir schaffen gerade 50sm/24h, die halbe Zeit mit Motor. Auch der
Dienstag ist ähnlich, wir schaffen nur 40sm/24h. Es hat sich inzwischen gezeigt, dass es sinnvoll ist, mindestens 2 Knoten mit dem Motor aufrecht zu erhalten, um möglichst weit zu kommen. Dazu braucht es 400W und die Batterien reichen für 100h.

So erreichen wir am 1.9. um 22h Tasucu. Der Hafen ist voll belegt und wir machen die Déjà Vu längsseits an einem geeigneten Boot fest. Niemand bemerkt uns, keine Polizei, keine Küstenwache, keine Zöllner. Ich erkenne den Hafen wieder: hier nahm ich letztes Jahr die Fähre nach Kyrenia im besetzten Teil Zyperns. Auch Lucio hat mit seinem Fahhrad hier am 1. 1. 20 verschifft. Wir verpflegen uns in einem Restaurant und kaufen nochmals tüchtig ein, bevor wir uns um 10h auf die nächste Etappe begeben. Vor allem das Trinkwasser schleppen ist ziemlich anstrengend: bei 28 – 41 Grad trinkt jeder von uns seine 3l/Tag. Wir schaffen 60sm in 24h, alles hart am Wind.

Bei Sonnenuntergang überrasche ich Lucio mit meiner Celestine-Gitarre: er macht grosse Augen, staunt erst einmal: so was hat er noch nie gesehen! Als ich dann noch den Verstärker hervorhole, kann er es nicht lassen und gibt ein stündiges Konzert, nur für mich und die 6 Delfine, die uns heute eine halbe Stunde begleiteten. Bisher hörte ich ihn nur inbrünstig singen zum Klang seiner Ukulele: reisen per Fahrrad verlangt eben seine Opfer. So genoss er es denn offensichtlich, wieder mal einen echten Sound produzieren zu können.

Für mich war der heutige Tag ein absolutes Highlight: welcher Fährimann hat denn schon einen begabten Sänger/Gitarristen für eine Woche an Bord? Mit tiefen Gesprächen über Sinn und Unsinn des Lebens klang der Abend aus.

Um 2h trat ich dann meine Wache an und noch vor Sonnenaufgang machte ich vor Zyperns Küste die erste Wende: nun kam aus, ob die Déjà Vu gegen den Wind segeln kann. Erst sah es gar nicht gut aus. Der Wind war sehr schwach und drehte immer wieder ein bisschen, manchmal mussten auch die Motoren zugeschaltet werden. Erst ab 15h stellte sich ein stetiger West von 3-4 ein, der uns in einem Winkel von 60 Grad zur Türkei zurück blies. Wir müssen also 100sm segeln, um 50sm gegen den Wind zurückzulegen. Das ist zwar nicht hervorragend – ein gutes Kielboot schafft rund 50% mehr – aber doch beruhigend: die antiken Rahsegler konnten nämlich gar nicht gegen den Wind segeln. Und mit etwas Übung werde ich das noch verbessern können.

Mittwoch, 9.9.2020 Nach gut 7 Tagen auf See erreichen wir nach vielen Wenden Megisti/Kastellorizo. Diese griechische Insel liegt nur 3 km von der Türkei entfernt und der Streit um die Hoheitsgewässer zwischen den beiden Staaten ist hier gut sichtbar: nach der französischen Fregatte vor Aya Napa/Zypern treffen wir erst auf türkische, dann auch auf griechische Kriegsschiffe. Die Menschen auf der Insel machen sich aber wenig Sorgen: sie betrachten die Türken auf der anderen Seite als ihre Freunde, viele haben auch Verwandte dort. Covid 19 hingegen lässt den Tourismus auf rund 5% schrumpfen, was manch einen hier in den Ruin treibt. Die Küstenwache und die Polizei behandeln uns äusserst freundlich, sie weist uns einen Logenplatz vor einem Restaurant mitten im Hafen an, das uns eben so unkompliziert Wasser und Strom zur Verfügung stellt. Von weitem und dem Hafenufer entlang wirkt alles äusserst idyllisch und mit den wenigen Touristen sehr gemütlich, doch sobald man sich durch die engen Gässchen bewegt trifft man auf viele Ruinen, die zu kaufen/restaurieren sind. Abends im Restaurant hinter der Déjà Vu gibt Lucio ein paar Eigenkompositionen zum besten, was die anwesenden Gäste und den Wirt sehr freut. So kommen wir auch mit verschiedensten Menschen ins Gespräch: wir lernen auch 2 Athenerinnen kennen, die dank Covid-19 arbeitslos geworden sind und nun hier ein paar Wochen entspannen. Christina arbeitete in einem Reisebüro, Anthroniki verlor ihren Job als Schauspielerin, kurz bevor sie als Königin von Troja auftreten sollte…, ferner Bruno/Arzt und seine Frau Fanfan aus der Bretagne. Allen gemeinsam ist, dass sie den Virus für fake halten.

Samstag, 12.9.2020 Um 5h verlassen wir diesen malerischen Ort Richtung Rhodos. Wieder müssen wir gegen die vorherrschenden Westwinde ankämpfen: Winde variabel mit 1-5 Bft. Sonntag nachts lassen wir Rhodos seitlich liegen und kreuzen erneut gegen die Westwinde auf. Da die Distanz zwischen Rhodos und dem Festland nur 10 sm beträgt, muss ich alle 2 Stunden wenden. Als ich mich wieder mal nur eine Seemeile von Rhodos entfernt befinde, taucht wie aus dem Nichts ein Schiff neben der Déjà Vu auf: Ich erwache aus meinem Halbschlaf und sehe nichts als einen Scheinwerfer, der der mich blendet, begleitet von der Aufforderung, den Funk einzuschalten. Auch Lucio schreckte inzwischen aus seinem Tiefschlaf auf und beginnt nach echt italienischer Art an zu jammern, da er meint, wir würden nun gleich überfahren. Per Funk erfuhren wir dann, dass es sich bei dem Boot um die griechische Küstenwache handelte, die uns vor der 2 sm entfernten Küste von Rhodos warnen wollte. Ich hatte den Funk nicht eingeschaltet, da ständig irgendwelche unverständliche Unterhaltungen störten. Seit der Abfahrt in Larnaka kämpft Lucio gegen die Seekrankheit an: ich habe noch keinen Menschen gesehen, der dieses Elend so hartnäckig mit sich trägt und kein Hehl daraus macht, wie schlecht es ihm geht. Für mich bedeutet das, dass ich kaum zum Schlafen komme und mir manchmal vor Müdigkeit eben die Augen zufallen.

Wir kreuzen hier ständig zwischen griechischen und türkischen Gewässern. Auch die türkische Küstenwache kam einmal mit einem Schlauchboot, dann mit einem grösseren Schiff ganz nahe an uns heran und nahm uns ins Scheinwerferlicht, allerdings ohne uns anzusprechen.

Die Windvorhersage hat wenig mit der Wirklichkeit zu tun: ich habe Megisti samstags früh verlassen, da teilweise leichte Ostwinde angekündigt waren. Diese trafen wir aber nie an. So lernte ich immerhin, die Déjà Vu auch über längere Distanzen gegen den Wind zu segeln. Interessant waren die letzten 100sm vor Leros, die durch unzählige Inseln und Felsen führten. Dazwischen tauchen auch ständig grosse Frachter auf: es ist die kürzeste Verbindung zwischen Schwarzem und dem östlichen Mittelmeer.

Mittwoch, 16.9.20 – so erreichen wir um 16h den Hafen von Lakki auf Leros. Dieser wunderschöne Naturhafen ist gut geschützt gegen alle Winde und diente den italienischen Faschisten von 1913 – 1943 als Stützpunkt ihrer Marine, um den von ihnen besetzten Dodekanes zu beherrschen. Die Marina ist gut gepflegt und organisiert. Ich lerne auch deutsche Segler kennen, die ihr Boot in Larnaka, Rodhos, Kos und jetzt hier liegen haben, wo es ihnen am besten gefällt und auch preislich stimmt. Wir nehmen die Déjà Vu an Land, räumen sie auf und sind bereit, mit der Nachtfähre nach Piräus zu reisen. Ich unterhalte mich beim Nachtessen mit meinen neuen Kollegen Thomas aus Düsseldorf und Stefan/Tanja aus Hamburg. Dabei lernte ich, dass es heute kaum mehr Segler gibt, die solche Distanzen (500sm) gegen den Wind unter Segel zurücklegen. Überhaupt werden die meisten Segelboote mehr als Ferienhaus benutzt: eine Frau aus Deutschland beklagte sich, dass ihr Boot während 3 Urlaubswochen kein einziges mal den Steg verliess, da ihr Mann keine Lust hätte!

In Piräus angekommen, nehme ich den Zug nach Patras, wo ich noch eine Vorstellung des Zirkus Merano bewundern durfte, bevor mich die Fähre nach Venedig unbeirrt und ohne Abenteuer hinfährt.

September 2022 – Da Israel seine Grenzen für Sportboote weiterhin geschlossen hält, sind wir von Leros über Marseille, Lyon und den Doubs nach Montbéliard gefahren, wo das Boot überwintert.

Mai 2023 – Die Déjà Vu wurde zum E-Motorsegler mit 2,8 statt 1,2 kWp PV umgebaut und wird bald zu einem Törn über Rhein, Main und Donau zu Schwarzen Meer aufbrechen…